Gestern habe ich einen emotionalen Jahresrückblick begonnen. Eine Zusammenfassung der Hochs und Tiefs, der Zicks und Zacks, die die Rabauken und ich dieses Jahr durchlaufen haben. Trotz ein bisschen Glitter dessen, was als Erfüllung mal eben zweier Träume eingestreut war, klang es furchtbar negativ. Erschöpft. Resigniert. Ich erinnerte mich an die Gespräche über die Feiertage: “Du bist in diesem Jahr über dich hinaus gewachsen.” stand da in der Weihnachtskarte. “Ich kann die Unzufriedenheit nicht verstehen” sagte eine Freundin. “Du hast so viel erreicht, und trotzdem hören wir immer nur das, was du nicht kannst.” Hm. Ich schaute mir andere Jahresrückblicke an. Ich war nicht allein mit meiner Negativität.

Noch heute hatte ich  – wie so häufig – von Katar gesprochen und wie dort alles anders war. Mit der verrücktesten Idee konntest du um die Ecke kommen, die Leute klatschten, reichten dir ein paar Flügel. Fielst du vom Himmel, säuberten sie deine Knie, halfen dir auf, gaben dir etwas zu trinken und sponnen zusammen mit dir an einer neuen Idee.

Ich oder die anderen?

Vielleicht lag es ja gar nicht an Katar und den unbegrenzten Möglichkeiten. Vielleicht lag es an mir. An meiner neuen Sicht der Dinge. Ideen hatte ich genug. Bevor mir meine Freunde jedoch die Flügel reichen konnten, redete ich mir die meisten mit Wenns und Abers kaputt. Wurde zaghaft. Brauchte Überredung. Externen Antrieb.

So soll es aber nicht mehr weiter gehen. Daher setze ich mich jetzt an einen Jahresrückblick, wie er sein sollte. Was waren die Highlights und was habe ich erreicht.

Anfang des Jahres ging es uns allen nicht gut. Zu viel Arbeit, zu wenig Zeit für uns, an ein Privatleben war nicht mehr zu denken.

Neue Wege

Also habe ich einen großen Schritt gewagt und meine Arbeitszeit auf eine 30 Stunden-Woche verkürzt. War ich mir zuerst nicht sicher, ob das finanziell möglich sei, stellte es sich als beste Entscheidung heraus. Endlich blieb morgens Zeit für Sport, ausgedehnte Spaziergänge mit den Rabauken oder eine Laufrunde, auch ein ausgiebiges Frühstück und damit ein entspannterer Start in den Tag waren drin. Auf der Fahrt zur Arbeit hörte ich Podcasts, die mir immer wieder neue Impulse gaben, ich besuchte Hundeseminare, die den Weg zur Persönlichkeitsentwicklung nur unterstützten.

Auf einmal begann ich, meine Rabauken wieder anzusehen, wahrzunehmen, was um uns herum und mit uns passierte. Ich probierte andere Erziehungsmethoden, arbeitete an Stabilität und Sicherheit, gab meinen beiden mehr Raum, ermutigte sie, gleichzeitig mit mir neue Wege zu gehen, sich mehr zu trauen und auszuprobieren. Immer funktionierte das nicht, eine ganze Weile noch sprachen wir andere Sprachen oder ich konnte nur hilflos zusehen, wie wir jahrelang Erlerntes in stressigen Situationen immer und immer wieder abspulten.

Dennoch spürte ich, wir waren auf dem richtigen Weg. Ich wollte meine beiden nicht mehr unter meinem Stress und meiner Unzufriedenheit leiden sehen, ich wünschte mir Ausgeglichenheit, Stärke, Vertrauen, ein Team.

Hilfstriebwerk

Mitte des Jahres gab es dafür den so gern genommenen externen Antrieb. Im Team von Zissi und Rosa sollten wir bei Camp Canis mitlaufen. Gelaufen waren wir bisher noch nicht, die geplante Strecke von 10km stellte uns vor Herausforderungen. Dennoch hatte uns der Ehrgeiz gepackt. Wir quälten und fluchten uns die Höhenmeter des bergischen Landes nach oben, merkten aber schnell, dass noch etwas anderes passierte: Es tat uns gut! Mein sonst nicht ganz so einfaches Verhältnis zur Wüstenprinzessin besserte sich mit dem neuen Hobby schlagartig. Endlich hatten wir eine Gemeinsamkeit, etwas, was uns beiden Spaß machte. Wir übten uns an den Challenges, die uns Zissi jeden Tag auferlegte und wuchsen gemeinsam daran. Ich lernte eine bunte Meute toller neuer Leute kennen.

Traumerfüllung

Ganz nebenbei erfüllten wir uns mit unserem Luxus-Dog-Trekking in der Eifel noch einen Traum. Das Beste daran war jedoch, dass Buddy dabei sein konnte. Hatte ich mir die gesamte Zeit Sorgen gemacht, dass er körperlich überfordert sei, schwebte auch er in neuen Sphären. Hatte Spaß daran, mit uns zu laufen, hielt im Freilauf locker auch auf den anspruchsvolleren Runden mit und marschierte uns schließlich bei 50 km Dog Trekking in zwei Tagen locker davon.

Ich war völlig gepackt vom Canicross-Virus. Überlegte, noch einen weiteren Hund in unser Rudel aufzunehmen, den ich dann mit System trainieren konnte, während Amber sich langsam in Rente lief. Das Veto des Vermieters machte mir einen Strich durch die Rechnung. Und warf mich so völlig durcheinander. Was wollte ich, wo und wie viele.

Da will noch mehr an die Oberfläche

Schnell begriff ich, dass da noch immer unterschwellig Träume klopften, die ich weg gewennundabert hatte: Die Hundephysiotherapie kämpfte sich ihren Weg nach draussen. Dank einer wundervollen Unterstützerin bekam ich bei einem unglaublich tollen Seminar die Möglichkeit, mich noch einmal live am Patienten auszutesten. Zu sehen, ob ich mich traute. Mit den gereichten Flügeln versehen, setzte ich mich schnell zuhause hin und schaltete Facebook und die zugehörige Homepage live. Kaum hatte ich den ersten Schritt gewagt und mich gerade daran gewöhnt, nun auch die Bezeichnung Hundephysio offen zu tragen, reichte mir eine liebe Freundin ein weiteres Paar Flügel: In einer Nacht und Nebel-Aktion stellten mir enge Freunde von ihr ein Logo und Visitenkarten zusammen und verteilten diese auf einer großen Hundemesse.

Über unsere Canicross-Gruppe, in die Amber und ich uns nach einigen Übungsläufen wieder trauen, kam ich an die ersten neuen Patienten und ich freue mich sehr darüber.

Zeit, einmal Danke zu sagen

In life, it’s not where you go, it’s who you travel with.

Im Nachhinein bin ich 2018 also dankbar für viele, viele Lektionen, einen Haufen toller Leute, die mich immer genau zur rechten Zeit ein Stück weiter getragen haben. Die mich unterstützt haben, unseren Weg weiter zu gehen, immer an unserer Seite blieben und mich angefeuert haben. Mir die Knie gesäubert, mir aufgeholfen und etwas zu trinken gereicht haben, wenn ich gefallen bin. Die bereit sind, mit mir an neuen Ideen zu feilen, wenn ich Wenn und Aber dann endlich auch aussortiert habe.

Dankbar bin ich aber auch dafür, was die Rabauken und ich in diesem Jahr gemeinsam erreicht haben. Nach wenigen Monaten arten nicht mehr alle Hundebegegnungen in Stress aus, wir schaffen es sogar, die meisten relativ entspannt zu händeln, auch wenn unsere Lösung für Außenstehende vielleicht noch immer merkwürdig aussieht – but: We’ve come a long way, so don’t judge.

Im doch noch anstrengenden Dezember haben wir sogar das erreicht, was ich früher als selbstverständlich fand und mir lange zurück gewünscht hatte: Die Spaziergänge im Team wurden das, was sie eigentlich sein sollten. Gemeinsame Entspannung. Heute habe ich das Gefühl, wir kennen und akzeptieren uns und unsere Stärken und Schwächen und verbringen gerne gemeinsame Zeit miteinander – eine richtige Gemeinschaft eben.

Ausblick

Für das nächste Jahr habe ich dennoch ein paar Vorsätze:

  • Sag nein – oft und ohne schlechtes Gewissen. So, wie es gut für dich ist.
  • Sag ja – mit ganzem Herzen, voller Überzeugung und genau dann, wenn es dich glücklich macht.
  • Sei gut zu dir. Zuerst zu dir. Dann zu anderen.
  • Halte inne. Mache Pausen. Sei im Moment. Schau hin. Höre auf dich und erlaube dir, zu erleben.

Gerne darf es etwas weniger herausfordernd werden – für mich, aber vor allem auch für meine bunte Meute und deren Freunde, Familie und Rabauken um mich herum. Ich wünsche mir für uns Leichtigkeit, Zuversicht und Lachen aus vollem Herzen.

Allen, denen die Trauer um ein geliebtes Rudelmitglied gerade das Herz zuschnürt, wünsche ich viel Kraft und wundervolle Erinnerungen an eure gemeinsame Zeit. Wir denken an euch!

Startet gut und gesund ins neue Jahr. Fangt es gut an. Seid gut zu euch und:

Lasst es euch gut gehen!

Sie

4 Replies to “Zweitausendachtzehn oder Hast du denn nichts dazu gelernt”

    1. Ich freu mich auch! Und die Vorsätze pinsel ich mir gleich auch noch mal auf Leinwand, damit ich sie immer vor mir habe und nicht vergesse.

  1. Ich finde dein Vorhaben mit der Hundephysiotherapie wirklich toll.
    Unserem Vierbeiner hat die Pysio bei einem Problem mit der Hüfte super geholfen und uns eine komplizierte und risikobehaftete OP erspart.

    Viel Erfolg auf diesem Weg Kerstin.

    LG Farina

    1. Ganz lieben Dank – so ähnlich ist es bei uns auch gewesen. Buddy läuft nur Dank Hundephysiotherapie so, wie er heute läuft, und es ist immer wieder schön, zu sehen, was man damit erreichen kann und wie sehr sie hilft. Euch weiterhin alles Gute! Liebe Grüße, Kerstin mit Buddy und Amber

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