Ausgemistet haben wir nun. Aussortiert, was nicht glücklich macht. Eine ganze Menge hat sich verändert dadurch. Zum Teil vielleicht auch etwas mehr, als es mir selbst lieb war. Einmal begonnen, zog das ein oder andere automatisch nach. Manchmal ging mir das zu schnell, manchmal wollte ich aufstampfen und laut schreien “Stopp, das hab ich so nicht gewollt.” Häufig hat es mich völlig verwirrt, zum Teil wusste ich nicht mehr, was nun meine Ziele waren, ob ich es auch einfach bei etwas belassen konnte oder ob ich nun alles verändern musste. Wohnsituation und Wohnort wurden genauso in Frage gestellt wie bisherige Entscheidungen und die berufliche Laufbahn.

Amber mit Dummy am Strand

Gleichzeitig habe ich viel dazu gelernt. Mich mit Persönlichkeitsentwicklung beschäftigt, Podcasts zum Thema aufgesogen wie ein Schwamm. Zwischen meinen Rabauken und mir bewegte sich richtig etwas, die Angst vor anderen Hunden, die Wut im Bauch nach blöden Hundebegegnungen – wie weggeblasen. Größtenteils zumindest. Den lang vermissten Humor haben wir irgendwo auf dem Weg wiedergefunden, monatelang hatte er draußen auf uns gewartet, plötzlich sind wir über ihn gestolpert und jetzt? Glücklich wieder vereint. Meistens zumindest. Ein schönes Gefühl.

Je mehr ich mich in Achtsamkeit und Dankbarkeit übte, umso mehr prasselten die Erkenntnisse auf mich ein. Zu mir, zu meinen Hunden, zu anderen. Eigentlich toll. Zum Teil war ich jedoch auch einfach überfordert, blieb mir doch gar keine Zeit, die Erkenntnisse nach und nach ausreichend zu beleuchten, geschweige denn, in Ruhe zu verarbeiten.

An freien Tagen saß ich dann erschöpft und müde zuhause, wusste nichts mit mir anzufangen. Dinge, die mir früher Spaß bereitet und mich glücklich gemacht hatten, hinterfrage ich heute kritischer. Herumlaufen im Einkaufszentrum und sinnfreies Shopping helfen mir nicht mehr dabei, die Akkus aufzutanken. Einkaufen möchte ich nichts, was mir keinen Nutzen bringt oder mich wirklich glücklich macht. Und laufen gehen, raus in die Natur, das geht natürlich, aber auch nur für eine begrenzte Zeit. Immer die selben Wege werden auf Dauer langweilig, so schön sie auch sein mögen.

Amber, Buddy und Black im Wald

Beim Wandern mit der Nachbarin diskutierten wir dann eine neue Frage: Wenn Minimalismus und Ausmisten erfolgreich laufen, wie schaffe ich es, wieder das in meinem Leben zu etablieren, für was ich mir die Freiräume eigentlich geschaffen habe? Klar, Reisen macht glücklich, unterwegs sein, Großes erleben, aber was ist mit dem Alltäglichen, dem Kleinen?

Was mich NICHT glücklich macht, hatte ich immer und immer wieder klar beantwortet, immer klarer wusste ich, was ich NICHT will, ABER: Wo wollte ich denn jetzt eigentlich hin? Wer will ich sein? Was erreichen? Grundideen dazu gab es natürlich, meine Interessen kenne ich genau. Immer wieder stellte ich jedoch auf dem Weg fest, dass ich zum einen Vieles als gegeben hinnahm, zum anderen für mich wichtige Bereiche im Alltag einfach vernachlässigte. Also nutzte ich die Gunst des schlechten Januar-Wetters und setzte mich an etwas, das mir eine Freundin schon vor vielen Jahren nach meiner Rückkehr nach Deutschland vorgeschlagen hatte: Ein Visionboard.

Bisher hatte ich die Idee immer abgetan. Sinnlos fand ich die Vorstellung, Fotos der Dinge, von denen ich doch offensichtlich so genau wusste, dass ich sie wollte, aus einem Magazin auszureißen und an die Wand zu kleben. Wie sollte mir das weiter helfen? Diesmal ließ ich mich genau darauf ein. Viele Magazine hatte ich dank der Ausmistaktion nicht mehr übrig. Ein paar Outdoorzeitschriften, Wohnideen für zuhause, DIY und Alltag. Stapel der unendlichen Möglichkeiten, Hüter des schlechten Gewissens und der verpassten Gelegenheiten.

Ich begann, alle Seiten aus den Magazinen heraus zu reißen, die mich irgendwie ansprachen. Kanu fahren, Lagerfeuer, Roadtrips und Outdoorabenteuer bei Wind und Wetter. Loftwohnungen mit Terrassen, Tiny Houses mit Blick auf den Strand, Reiseberichte, Sprüche, Bilder von Hunden und immer und immer wieder Berichte über Holland.

Im zweiten Schritt ging es ans Sortieren. Schon hier passierte etwas Spannendes: Vier DIN A3-Seiten hatte ich zur Verfügung. Begrenzter Raum für viele tolle, inspirierende Bilder und Zitate. Viele ähnlich, aber doch nicht gleich. Also: Aussortieren. Fokus auf das, was dir wirklich wichtig ist, dir wirklich gefällt. Feinschliff der eigenen Wünsche und Bedürfnisse.

Der nächste Schritt war nicht weniger interessant: Zuerst hatte ich überlegt, jeden Bereich einzeln aufzukleben. Abenteuer, Reisen, Hunde. Schön nebeneinander, Silo für Silo. Irgendwie fühlte sich das jedoch nicht richtig an. Erstens fehlte etwas. Und zwar genau das, was mir heute im Alltag auch schon fehlte, genau deshalb, weil ich es immer für selbstverständlich nahm. Freunde, gemeinsame Unternehmungen, Beziehungen zu anderen Menschen. Schnell suchte ich nach Bildern, die dies verkörperten. Außerdem dachte ich, wenn ich weiterhin alle Bereiche so klar trenne, brauche ich mich nicht wirklich wundern, wenn ich auch weiterhin alleine wandere, alleine reise und die Hunde nur selten mit zu Freunden nehmen kann. Runder soll es für dieses Jahr werden, alles einfach zusammen wachsen.

Beim Zusammenstellen des Boardes lösten sich noch weitere Themen für mich, die mir in den letzten Wochen und Monaten im Hinterkopf herum irrten und mich damit zwangsläufig auch belastet hatten: Dadurch, dass ich weiterhin fleißig Loftwohnungen mit Terrasse ausgerissen hatte, wurde schnell klar, dass ein Umzug vorerst nicht ansteht. Das Thema ist damit natürlich nicht endgültig vom Tisch, vormachen möchte ich mir nichts, es schuf jedoch Erleichterung, für mich festzulegen, dass der Fokus in diesem Jahr auf etwas anderem liegen wird.

Ebenso klar wurde mir, dass ich Freundschaften und Beziehungen nicht einfach erwarten kann, sondern wieder beginnen muss, sie auch zu pflegen. Zeit zu investieren, Eigeninitiative einzubringen, Einladungen auszusprechen. Nicht nur zuhause sitzen und erwarten.

Die Rabauken sind mittendrin und überall dabei. Genau so, wie ich es mir wünsche.

Das fertige Board hängt nun im Schlafzimmer. So, dass ich es jeden Morgen sehe, wenn ich mich fertig mache für den Tag, genau wie abends, bevor ich den Tag abschließe. Schon mehrfach bin ich davor stehen geblieben und musste lächeln, wenn ich mich sanft erinnert fühlte an meine Vorhaben.

Ob es wirklich etwas bewirkt, wird sich natürlich erst mit der Zeit zeigen. Nach ein paar Wochen ist mir schon die ein oder andere Sache aufgefallen, die auf dem Board noch fehlt. Glücklicherweise habe ich überall ein wenig Platz gelassen, so dass Ergänzung ohne weiteres möglich sind. Eine spannende Erfahrung war das Ganze doch schon jetzt, hat es doch mehr Klarheit gebracht, als ich sie auf anderem Wege hätte erreichen können.

Und zumindest das Pflegen von Freundschaften hat es mir schon jetzt stärker ins Bewusstsein geholt. Ich bin gespannt, wie sich das Ganze in diesem Jahr noch weiter entwickeln wird.

Habt ihr schon ein Visionboard für euch ausprobiert?

Lasst es euch gut gehen!

Kerstin, Buddy und Amber

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