Eigentlich hätte sie es wissen müssen: Ich mag keine Ortswechsel. So schwierig ist das doch nicht zu verstehen – es liegt in meiner Natur, die Kontrolle zu behalten. Mein Job ist es, das Rudel zusammen zu halten und vor Gefahren zu schützen. Wie soll das gehen in ständig neuem Umfeld? Wisst ihr, was das für eine Arbeit ist, permanent neue Gegenden und deren potentielle Gefahren im Blick zu haben?
Wenn sie es wieder nicht versteht, habe ich ein unschlagbares Kommunikationsmittel: Essensverweigerung. Du hast gedacht, Kokosöl tut’s und ich vergesse mich? Ha, zuhause vielleicht, unterwegs reicht das noch lange nicht!
Nach dem Wanderurlaub hat sie es verstanden. Endgültig. Realisiert, dass mein Schnäuzchen schon grau wird. So alt bin ich noch gar nicht. Also macht sie sich Sorgen – “Hat die Prinzessin Stress?” “Wie kann ich ihr Sicherheit geben?” Ich habe euch doch gesagt, haltet euch an mich und euch wird es immer gut gehen!
Ein Problem gibt es nun doch – sie hat das Wohnmobil für unseren Urlaub gebucht. Wochenlang permanenter Ortswechsel. Na, herzlichen Glückwunsch, ganz toll gemacht! Schon mal drüber nachgedacht, dass deine Bucket List vielleicht nicht mit meiner übereinstimmt, Fräulein?
Nun will sie mir die Ortswechsel angenehm machen. Mich dran gewöhnen. Sicherheit vermitteln, weil sie denkt, dass das das Problem verursacht. Mach dir mal nicht zu große Hoffnungen, meine Liebe, ich bin ein Schäferhund. Im tiefsten Inneren stets zu deinen Diensten. Von ganzem Herzen Polizei. Ganz ohne Aufpasserei wird es nicht gehen, vergiss das nicht!
Versteh mich nicht falsch, ich bin gerne dabei und Spaß habe ich dann auch, aber zuerst muss ich mich E-I-N-G-E-W-Ö-H-N-E-N, nennt sie es. A-L-L-E-S U-N-T-E-R K-O-N-T-R-O-L-L-E B-R-I-N-G-E-N nenne ich es. Diesen Vorgang will sie nun beschleunigen. Und damit ich nicht als dürres Gerippe zurückkomme, das wochenlang Nahrung verschmähte, sieht ihr Programm nun folgendes vor:
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- Mehr Sicherheit im Alltag vermitteln
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- Eine gewohnte mobile Umgebung schaffen
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- Aushalten üben
- Über natürliche Unterstützung informieren
Das sei ihr hoch angerechnet! Interessanterweise hat sie sich selbst mehr Sicherheit in unserem Wanderkurzurlaub erarbeitet. Die unterschiedlichen Situationen mit uns beiden Rabauken in entspannter Atmosphäre haben da irgendwie einen Knoten gelöst und sie läuft viel entspannter – nur ganz selten verfällt sie noch in alte Muster. Sie freut sich über meine Ruhe, ich freue mich darüber, dass ich nicht mehr permanent auf sie aufpassen muss. Gestresst ist sie natürlich manchmal immer noch. Um sie dann ein wenig auf Trab zu halten, überrasche ich sie hin und wieder mit einer kleinen Bellattacke oder ähnlichem – wie gehabt am besten dann, wenn sie sich möglichst sicher fühlt.
Die gewohnte mobile Umgebung ist eine größere Herausforderung. Feste Reisebetten, die uns überall hin begleiten, haben wir ja schon. Zu Freunden können wir die natürlich immer mitnehmen, allerdings wissen wir speziell für das Wohnmobil noch nicht genau, wie wir gesichert werden und ob die Reisebetten darin Platz für uns bieten. Hier denkt sie nun über eine Kombination aus Betten, Bachblüten und Beruhigungsdüften nach.
Zusätzlich will sie mit mir trainieren, was sonst immer nur der Labrador üben musste: Zur Ruhe kommen. Nun ist das für mich eher lächerlich – zwei Herzen schlagen, ach, in meiner Brust und der Windhund in mir lässt mich zusammenfallen, kaum dass wir das Haus betreten haben (Shout out to all ya sighthounds out there!). Das Kommando kann sie sich sparen, die Decke vielleicht maximal noch mit Hilfe eines Flaschenzugs unter mich schieben. Wie sie ohne vorher eingeübtes Entspannungssignal dann draußen Ruhe schaffen soll, wenn ich im Hektik-Modus bin, da lass ich sie mal noch ein wenig drüber grübeln.
Die beste Idee überhaupt ist ja noch aushalten – allein schon das Wort! Aus(!)-Halten(!) Wie bitte?! Fantasie mal bitte kurz angemacht: Mein Element ist Wind – lauf, Amber, lauf. Ein anderer Hund? – Lauf! Eine aufregende Situation? – Lauf! An Pferden vorbei? -Lauf! Spürt ihr den Wind (und den Ruck in ihrer Hand oder ihrem Laufgurt)? So, und jetzt mal alle Vollbremsung! Sitz! Bleib! Warten! AUSHALTEN!!! – Klingelts? Ihr seht, es ist noch Raum nach oben.
Zur natürlichen Unterstützung muss sie sich noch informieren. Verschiedene Produkte hat sie schon empfohlen bekommen. Auf dem Wanderurlaub hat sie zum Beispiel von CD Vet Calma gehört. Eine spezielle Bachblütenmischung hat sie für mich auch schon erhalten. Für die Katze haben wir vom Tierarzt ein spezielles homöopathisches Mittel bekommen, das auch für Hunde anwendbar sein soll. Relax-Liquid von Vet-Concept. Zur Unterstützung der nervlichen Belastbarkeit! Ausprobiert hat sie noch nichts. Wie auch? Mich stressen, damit ich mich dann beruhigen kann? Suboptimal. Hier steht sie noch am Anfang ihrer Recherche. Ich starte mal keinen Aufruf nach Erfahrungsberichten – nicht, dass ihr noch denkt, ich unterstütze sie in irgendeiner Weise!
Kisses for me,
Amber
Mir geht es genauso. Meine Klientin setzt auch leichtfertig unser Leben aufs Spiel, indem sie uns an fremde Orte schleppt. Und wer muss dann wieder aufpassen, dass keine Katastrophen passieren? Ich natürlich!
Weil du ja nicht gefragt hast und ich solche gefährlichen Unternehmungen keinesfalls unterstützen möchte, teile ich euch jetzt nicht mit, dass ich ein Pheromonspray habe, das mich beruhigen soll. Dass ich zur Entspannung klassische Musik höre. Dass ich mich sicherer fühle, wenn ich mein Geschirr oder ein Hundeshirt trage. (Wobei Letzteres im Sommer zu warm ist. Außerdem wird man damit in der Öffentlichkeit ständig gefragt, ob ich krank sei…) Bachblüten und so haben wir noch nicht ausprobiert, werden es aber möglicherweise auch mal versuchen. Mir persönlich ist es am wichtigsten, dass ich ganz nah bei meiner Klientin bin. Dann sind wir beide am sichersten, glaube ich.
Ich sehe, du verstehst mich! Gut, dass du die Empfehlungen nicht geteilt hast, sonst liest sie das am Ende noch! Sollte ich neue Erkenntnisse gewinnen, lasse ich es dich auf jeden Fall wissen. Codewort: Polizei im Herzen. Amber