In der Nacht hatte es geregnet. Die Luft war schwer von Feuchtigkeit, das Gras beugte sich unter den letzten Regentropfen. Schweigend liefen sie am Fluss entlang bis hin zu der kleinen Schwimmstelle.
Sie zog das Spielzeug aus der Tasche, das sie heute für ihn eingepackt hatte. Das Huhn! Direkt nach der Ente war dies sein absoluter Liebling. Er setzte sich und hörte das leise Klicken des Karabiners, der sich wieder schloss. Nun stand nichts mehr zwischen ihm und seinem geliebten kühlen Nass. Dennoch wusste er, dass er noch warten musste. Ein kleiner Wink ihrer Hand gab ihm das Freizeichen und das Huhn schraubte sich durch die Luft, bis es schließlich im rauschenden Wasser landete. Er sprang hinterher. Die Kühle des Flusses nahm ihm für einen kurzen Moment den Atem. Konzentriert behielt er das Huhn im Auge während er schwamm. Noch ein paar Zentimeter, Millimeter, angekommen. Sicher brachte er das kleine Gummitier zurück ans Ufer. Er wusste, sie würde es nicht so schwierig machen. Er müsste nicht erst über die Böschung zu ihr ans Ufer klettern, solange er das Tier in ihre Hand legte, war sie glücklich und zufrieden.
Schweigend wiederholten sie den Ablauf einige Male. Selbst der einsetzende Regen störte sie nicht. Sie hatte die Kapuze ihres Pullovers weit bis in die Stirn gezogen und ließ sich nicht davon abhalten, das Spielzeug immer und immer wieder in die leichte Strömung zu katapultieren.
Als er langsam müde wurde und aus dem Wasser kam, liefen sie weiter am Ufer entlang. Nun durfte auch seine hübsche Freundin die Freiheit ohne Leine genießen. Am Wegesrand blühten vereinzelt Blumen und verströmten ihren zarten Duft. Trotz des noch immer andauernden Regens war es warm und gar nicht unangenehm. Er rieb sich im hohen Gras. Vereinzelt kreuzten Jogger und Radfahrer ihren Weg. Alle grüßten freundlich. Bald würden sie an der Wiese angekommen sein.
Dort warteten sie für einen Moment, bis kein anderer Rabauke mehr weit und breit zu sehen war. Da war er wieder, der kleine Wink. Die hübsche Freundin raste davon. Sie legte sich ins hohe Gras. Fast wirkte sie wie ein zartes Reh. Er aber wusste genau, was jetzt kommen würde: Sie passte den richtigen Moment ab. Wartete. Lauerte. Kaum war er komplett mit den Nachrichten der anderen Wiesenbegeher beschäftigt, schoss sie wie aus dem Nichts aus ihrem Versteck. Die wilde Verfolgungsjagd war eröffnet. Hin, zurück, Hasenhaken, abgebogen, geschnappt, gefangen, gemurrt. Was solls, was tue ich nicht alles für meine hübsche Freundin! Heute geht es mir gut, ich habe keine Schmerzen, ich merke, wie die frische Morgenluft durch meine Lungen pumpt und meinen Körper versorgt.
Langsam kam die Sonne wieder zum Vorschein. Am Ende der Wiese angekommen nahm sie ihre beiden abgekämpften Rabauken wieder an die Leine. Am Rande des Weges stand ein Auto, auf dessen Ladekante eine ältere Dame saß. Sie lächelte. Begrüßte die nassen Rabauken mit einem herzlichen Lachen. Sie habe genossen, wie schön die Beiden zusammen spielten, sagte sie. Ihr eigener Hund sei gerade unterwegs mit einer Freundin. Sie selbst könnte aufgrund ihres Rückens nicht mehr so weit laufen und warte nun hier, um ihren Schatz wieder abzuholen. Warum wir denn an der Leine geführt wurden, fragte sie. Sie erklärte es ihr kurz. “Ich habe mir schon gedacht, dass es einen Grund geben muss”, sagte sie. “Alles Gute für sie und die beiden.” – “Für sie und ihren Schatz auch.”
Was für ein herrlicher Morgen!
Kisses, Buddy