“Habe deinen Beitrag gesehen und jetzt kam mir spontan in den Sinn, ob du nicht Lust auf eine Begleitung hättest?” Damals noch auf meine Pläne fürs Baltikum bezogen, schrieb mich Anni von Hund im Gepäck an, ob ich mir einen gemeinsamen Roadtrip vorstellen könnte. Im September des Vorjahres hatten wir uns kurz auf dem Zeltplatz von Camp Canis getroffen, im März dann auf dem Folgeevent einen gesamten Tag gemeinsam verbracht. Schnell war klar – wir verstanden uns super. Warum eigentlich nicht?
Selbst als ich meine Pläne umgeworfen und mich für diesen Sommer von meinem Traumziel Baltikum verabschiedet hatte, war sie noch an Bord. Bei unserem ersten Planungstelefonat merkte ich schnell, dass wir auch in unserer Urlaubvorbereitung ähnlich tickten. Keiner von uns wollte die Route im Detail vorplanen. Wir sprachen über einige Länder, die wir für interessant und machbar hielten und entschieden, uns ansonsten mehr oder weniger treiben zu lassen. Sollten wir uns nicht verstehen, würden wir alleine weiter fahren oder uns nach einer Pause wieder treffen.
Start ins Abenteuer
Wenige Tage vor unserer Abreise baute auch Anni ihr Auto zum Microcamper um und wir verabredeten uns auf dem Campingplatz Schnitzmühle, um unser Abenteuer zu starten. Hier war ich bereits vor zwei Jahren nach unserer Slowenienreise gewesen und liebte den Platz für seine liebevolle Einrichtung, tolle Atmosphäre und nicht zuletzt das extrem leckere Restaurant mit thailändisch-bayerischen Köstlichkeiten. Ich hielt die Schnitzmühle für ein tolles Sprungbrett, um uns mit einem luxuriösen Frühstück ins Campingabenteuer zu verabschieden.
Als wir diesmal auf dem Platz ankamen, erschrak ich ein wenig. Waren wir im September vor zwei Jahren dort fast alleine gewesen, war er dieses Mal nahezu komplett belegt. Zu allem Überfluss hatte ein dickes Unwetter die Campingwiese in eine eigene Seenplatte verwandelt, auf der die Camper versuchten, irgendwie ihre Übernachtungsmöglichkeiten wieder trocken zu legen. Noch nicht im Urlaub angekommen, hätte ich am liebsten gedreht und mir einen ruhigeren Ort für die erste Übernachtung gesucht. Auch die Rabauken waren alles andere als entspannt und ich war froh, dass Ambers und Buddys Lieblingsmensch uns zum Essen besuchte und mir die beiden für die erste Runde abnahm. Nach einem leckeren Abendessen sah die Welt schon deutlich besser aus.
Auch die erste Nacht war nicht ganz das, was ich mir in den Wochen vorher erträumt hatte. Vor der Fertigstellung des Ausbaus hatten wir zwar bereits einige Probewochenenden im Auto übernachtet, aber diesmal war irgendwie alles anders. Der aufs Dach prasselnde Regen hatte so gar nichts von Romantik, ich hörte auf die Eisenbahn und die anderen Camper, fühlte mich eingeengt und als ich mitten in der Nacht nach vorne klettern und die Tür öffnen wollte, weil Buddy wie verrückt hechelte, erfuhren neben mir noch sämtliche andere Gäste, dass mein Auto einen Innenraumalarm hat, von dem ich bisher nicht wusste.
Der einzige Vorteil war, dass ich am nächsten Tag früh genug wach war, um die Hunde einmal ohne Störung am Wasser toben zu lassen. Noch ganz planlos und ohne Struktur trödelten Anni und ich relativ lange an unseren Autos herum und machten uns erst kurz vor dessen Ende auf den Weg zum Frühstücksbuffet. Die nette Dame dort hatte jedoch Mitleid mit uns und ließ uns alles stehen. So speisten wir fürstlich und planten in Ruhe und mit drei entspannten Hunden zu unseren Füßen unsere erste Station der Reise.
Lipno-Stausee
Auf einem Blog hatte ich vom Lipno-Stausee in Tschechien gelesen. Der Platz und die Atmosphäre, die dort beschrieben wurden, waren genau das, was wir uns für unseren Urlaub vorstellten. Schnuckelige Plätze ohne viel Tamtam, direkt am Wasser, mit Platz für Lagerfeuer. Wir tippten die Koordinaten ins Navi, deckten uns auf dem Weg noch mit dem Nötigsten ein und fuhren den Campingplatz an. Anni hatte uns Walkie Talkies mitgebracht, mit denen wir im Fall der Fälle kommunizieren konnten und ich fühlte mich unglaublich abenteuerlich.
Die Stimmung war schnell gedrückt, als wir an besagtem Platz ankamen. Es schüttete wie aus Eimern, das Rezeptionshäuschen war nicht besetzt, die anderen Camper starrten uns unter ihren Pavillons an, während Buddy und Alex ungeduldig in unseren Autos bellten. Wir riefen die auf dem Schild ausgewiesene Nummer an. Ich versuchte mein Glück auf Englisch. Der Herr am Telefon teilte mir mit, dass seine Frau Deutsch verstünde und sie in 5 Minuten da sein würden und legte auf. Ich war etwas irritiert, aber wir warteten geduldig, bis das Paar am Platz angekommen war. Sie zeigten uns einen Stellplatz in zweiter Reihe, dicht gedrängt zwischen Wohnwagen und alten Paletten. In der Reihe dahinter parkten bereits einige Autos. Es mag am Regen gelegen haben, vom erwarteten Flair hatte der Platz jedoch rein gar nichts. Eher erinnerte er mich an die Baustellenmüllablade vor unserer Haustür. Als die Dame uns dann auch noch erklärte, dass wir gar nicht versuchen bräuchten, einen anderen Platz zu suchen, da im Ort alles ausgebucht sei, wars mit meiner Geduld am Ende.
Wir stiegen ins Auto und landeten schließlich genau auf der Art von Platz, die ich eigentlich vermeiden wollte. Camping Frymburk. Ein großes Campingareal mit allem Zipp und Zapp und Luxusrezeption. Noch dazu nicht gerade günstig. Aber: Wir wurden freundlich empfangen, durften uns in aller Ruhe umsehen, und selbst als ich in Panik vor ausrastenden Hunden den letzten Platz in hinterster Reihe, versteckt hinter den Miethütten, ausgewählt hatte, suchte der Mann an der Rezeption uns den, der uns unverbauten Blick auf den See bot. Ich war ein wenig angetan, und obwohl es noch immer regnete, machte sich bessere Laune breit.
Aus Annis Tarp und meinen Supermagneten bauten wir uns eine Behelfsunterkunft, die Rabauken machten es sich auf den selbstaufblasenden Isomatten bequem und ich weihte im schönsten Sonnenuntergang meine liebevoll von meinem Dad gebaute Küchenbox ein. So sollte es sein.
Am nächsten Tag war die Sonne uns gnädig. Wir genossen unseren Morgen und die freie Zeit und machten uns gegen Nachmittag auf zu einer Wanderung zum Kreuzweg mit Aussicht auf den Lipno Stausee. Zuerst waren wir ein wenig enttäuscht über die breiten Wege, die zwar steil aber sonst nicht besonders aufregend waren. Die Aussicht auf den See jedoch war jeden Höhenmeter wert und wir stiegen zufrieden wieder zurück ins Tal.
Zum Abschluss gönnten wir uns eine Pizza im platzeigenen Restaurant und schliefen zufrieden und glücklich ein.
Lisov
Am nächsten Morgen entschieden wir uns, weiter ins Landesinnere zu fahren. Da Anni mit Alex unbedingt noch einmal schwimmen wollte, suchten wir uns einen kleinen Campingplatz direkt am See im circa eine Autostunde entfernten Lisov. Mein persönliches Traumziel, das Elbsandsteingebirge, wollten wir uns als Wanderhighlight für das Ende des Urlaubs aufheben.
Die Rezeption des Platzes war ebenso wie die dort angegebene Telefonnummer nicht besetzt. Die Spaziergänger, die ich auf Deutsch und Englisch ansprach, winkten panisch ab. So bewachte ich die in der Sonne stehenden Autos, während Anni dank der Camper am Ende des Platzes heraus fand, wie wir uns anmelden konnten. Bis wir schließlich das zughörige Restaurant im Ort ausfindig gemacht und uns anschließend an einem Traumplatz unter Bäumen ein wenig eingerichtet hatten, blieb nur noch wenig Zeit für eine Schwimmrunde mit den Hunden, bevor wir uns ans Abendessen machten. Den Grill wollten wir aufgrund der Waldbrandgefahr nicht anwerfen, also kochten wir mit meiner Küchenbox.
Beim abendlichen Spülen nur wenige Meter vom Stellplatz entfernt merkte ich schnell, dass dieser Platz mein persönlicher Angstgegner werden würde. Unbeleuchtete Spülbecken, statt Licht ein kleiner, halbblinder Spiegel. Mir kroch ein Schauer über den Rücken.
Spätestens das abendliche bettfertig machen toppte jedoch alles. Mit Stirnlampe und Waschbeutel bewaffnet tappte ich den stockdunklen Weg zum Toilettenhäuschen entlang. Da wir im vorderen Bereich die einzigen Gäste auf dem von Feldern umgebenen Platz waren, war es totenstill. Die türkis-gelb gefliesten Kabinen und der enge Flur ließen keinen Blick in ihr Inneres zu. Über der ersten Dusche war die Decke feucht und aufgeweicht. Jeden Moment rechnete mit einem halbverwesten Zombie, der mir daraus entgegen fallen würde. Ich glaube, ich habe in meinem Leben noch nicht solch eine Angst beim Zähne putzen gehabt und mich gleichzeitig gewundert, wie viel man doch aushalten kann, wenn man sich zwingt. Dennoch war ich mehr als erleichtert, nach einem wiederum stockdunklen Rückweg das kleine Licht in meinem Auto und die Rabauken zu entdecken.
Beim Anblick der Baumkronen aus meiner Rückscheibe am nächsten Morgen war jegliche Panik sofort vergessen. Warmes Bananen-Walnuß-Oatmeal, die Aussicht auf eine schöne Wanderung um einen weiteren See und zu guter Letzt die Überraschung des Platzbesitzers, der uns die Übernachtung schenkte, vertrieben auch die letzten Überreste der abendlichen Angst.
Wandern in der Sandgrube
Weiter ging es Richtung Trebon. Anni hatte uns eine Wanderung um eine ehemalige Kiesgrube ausgesucht. Heute ist der künstliche See südlich von Majdalena ein beliebtes Badegebiet, aber auch die obligatorischen Angler in Tarnanzügen waren überall an den kleinen Strandabschnitten zu finden. Wir wanderten durch heideähnliches Gebiet und fühlten uns auf einmal wie in Kanada. Die Hunde genossen einige Wasserpausen, bevor wir uns dem Unwetter davon auf dem Weg zurück zum Auto machten.
Wie es weiter geht, erfahrt ihr im zweiten Teil.
Lasst es euch gut gehen.
Sie
PS: Die Verlinkungen erfolgen unbezahlt und nur, um euch die Orte aufzuzeigen. Wir erhalten und erhielten daraus keinerlei Vorteil.
Das hört sich nach einer ausgewogenen Mischung von toll, gruselig, wunderbar und horrormäßig an. Ich finde es aber super, dass ihr so gestartet seid und bin schon sehr gespannt auf eure wetieren Berichte.
Gerade für mich als bekennenden Hotelurlauber (wegen der Bequemlichkeit) ist es doch spannend zu lesen, wie so ein Trip sein kann.
Liebe Grüße,
Isabella mit Cara und Shadow
Ja, das beschreibt es ziemlich gut. Es war auch für mich noch einmal eine neue Erfahrung. Liebe Grüße an euch -bis zum nächsten Bericht!