In vielen Beiträgen klang es schon am Rande durch und im Rahmen unserer ganzheitlichen Bemühungen habe ich es wieder mehr in Angriff genommen – die Organisation, Struktur, KonMari, den Minimalismus. Weil Klarheit im Umfeld auch Klarheit in Kopf und Geist schafft. Frei macht. Atmen lässt. Und natürlich Zeit bringt für das Wichtigste – die beiden Rabauken!

Ursprünglich begonnen hat das ganze bereits vor drei Jahren. Aus Katar wieder zurück nach Deutschland gezogen, besaß ich sehr wenige Möbel, hatte viele Erinnerungsstücke zurück gelassen und einen Schrank voll Klamotten, die auf allen Ebenen unpassend waren. Eine Garderobe aus permanentem Sommer passt nun mal nicht in permanenten Regen, die Etui- und Abendkleider dienten zwar als tolle Erinnerung, hier in der Region jedoch eher als Karnevalskostüm. Und zu guter Letzt war der Großteil auch noch meinem durch Unzufriedenheit umfangreicher gewordenen Körper unpassend geworden. Das Elend türmte sich mehr vor als in meinem Schrank und verschandelte das wunderschöne Schlafzimmer meiner tollen neuen Wohnung.

Chains

Die Capsule Wardrobe

Über einen Blog bin ich auf die Capsule Wardrobe gestoßen. Für eine Saison wird der Kleiderschrank beschränkt auf eine Anzahl von 33 Teilen. Schuhe, Hosen, T-Shirts, Pullis, Mäntel, die magische Zahl von 33 sollte insgesamt nicht überschritten werden. Ausgenommen sind lediglich Socken und Unterwäsche sowie Sportequipment. Ich war fasziniert, hatte ich doch gar keine Ahnung, welch Menge an Klamotten ich besaß. Und noch weniger, wie viel ich denn eigentlich brauchen würde.

Die Herangehensweise leuchtete mir ein: Zuerst einmal wird der ganze Inhalt des Schrankes heraus geräumt. Ein Überblick verschafft. Dann sortiert: Was gehört überhaupt in die Saison? Was passt mir noch? Was davon würde ich am liebsten jetzt sofort anziehen? Nur das bleibt. In meinem Fall waren das schon gar nicht mehr als 33 Teile. Der übrige Stapel wird nochmals durchforstet: was ist durch (und nein, es wird  nicht als Schlaf-T-Shirt aufgehoben!) was kann gespendet, verkauft, in einer anderen Saison wiederbelebt oder zum Hundespielzeug verarbeitet werden?

Ich persönlich habe sehr wenig wirklich weg geworfen, dafür recht viel vorerst bis zur nächsten Saison in Koffern verstaut. Ich war erleichtert, wie drastisch sich die Wäsche reduziert hat, wie leer und ordentlich der Schrank auf einmal aussah und wie leicht es mir fiel, zu kombinieren und morgens mal schnell unüberlegt etwas aus dem Schrank zu ziehen – kein Wunder, bei lauter Lieblingsteilen!

Früher gehörte für mich zu einem entspannten Samstag dazu, in die Stadt zu gehen, Kaffee zu trinken, etwas Kleines einzukaufen. Oft blieben die Einkäufe zuhause dann tagelang in den Tüten stehen, bis ich sie schon fast vergessen hatte. Heute gehe ich noch immer gerne durch die Shopping Malls, trinke einen Kaffee, schaue mich um, aber ich genieße vor allem, einen Überblick zu haben und genau zu wissen, was ich brauche und worauf ich mich die nächsten drei Monate freuen werde. Das kaufen einzelner Teile wird so zur richtigen Belohnung, genau deshalb, weil ich mich sehr darauf und darüber freue.

Vielleicht schlägt hier ein wenig der Kontrollfreak durch, aber irgendwann wollte ich dieses gute Gefühl auch übertragen auf den restlichen Teil meiner Wohnung. Obwohl ich so wenig mitgebracht hatte, lag doch irgendwie überall etwas herum. Nichts hatte einen Sinn, eine Logik oder gar einen festen Platz. Teilweise hatte ich das Gefühl, es erdrückte mich durch die To Dos, die die Dinge mir damit aufzwangen. Wische Staub, lies mich, iss mich, höre mich an, schau mich an, sortiere mich, nutze mich…

Die Struktur in meinem Kleiderschrank befreite mich, ließ mich atmen. Für meine Wohnung wünschte ich mir genau das. Eine logische, strukturierte Ordnung, die nicht zuletzt auch den Wohnungsputz einfacher machen würde.

Struktur

KonMari – does it spark joy?

Ungefähr zu dieser Zeit entdeckte ich die KonMari-Methode – “The life changing magic of tidying up”. Gleich zu Beginn – ihr Buch habe ich nie gelesen. Dafür habe ich Stunden auf YouTube verbracht und ihr dabei zugeschaut, wie sie anderen beim Aufräumen geholfen hat. Ihre simple Frage: Macht es dich glücklich? Die Frage, die ich mir in den letzten Jahren so oft gestellt hatte,  die mir einige gravierende Änderungen im Leben gebracht hatte. Umzug aus Katar, Umzug aus dem Rhein-Main-Gebiet, Jobwechsel, anderes Auto – eigentlich war ich müde von endlos erscheinenden Veränderungen. Dennoch setzte ich hier noch einmal an. Fragte mich bei allen Dingen, ob sie mich noch glücklich machten, denn das hatten sie ja, als ich sie gerade erst neu gekauft hatten. Aber die Situation hatte sich verändert und ich mich mit ihr. Also musste neu in Frage gestellt werden.

Für mich ist das ein immer währender Prozess. Solange sich Dinge in meinem Leben verändern, solange werde ich auch hinterfragen müssen. Dennoch musste ich nie groß aussortieren – wie auch? Ich hatte so wenig mitgebracht. Eines habe ich dennoch erreicht: Ich bin mir viel bewusster. Weiß genau, was ich habe. Was ich benötige. Und was ich möchte. Und was eben nicht. Das schult noch auf ganz anderen Ebenen – nämlich darin, nein zu sagen. Zu Geschenken, Mitbringseln, Vorschlägen, vernünftigen Ergänzungen. Gar nicht so schwer, wenn man gemerkt hat, wie sehr das Rumliegen von Dingen einengen kann und wie sehr es dagegen befreit, wenn die Oberflächen frei sind, der Blick wandern kann, der Geist sich beruhigt und entfaltet, weil keine To Dos mehr aus jeder Ecke mahnen.

Die Sondersituation – das Hundezubehör

Bei den Hunden sah das eine ganze Weile noch anders aus. Gefangen war ich im Kreislauf, ihnen etwas kaufen zu müssen, wenn ich ihnen Gutes tun wollte. Vielleicht habe ich damit auch mein Gewissen beruhigt, wenn ich nicht wirklich präsent war, keine Aufmerksamkeit schenken konnte oder wollte. Stattdessen habe ich eben etwas anderes geschenkt.

Relativ schnell hat das jedoch aufgehört. Je klarer ich sah, was mir gut tut, umso genauer habe ich auch bei den Beiden hingeschaut: Brauchen sie das hundertste Spielzeug? Oder bringt es mehr, wenn du eines der alten nimmst und dafür mit ihnen raus gehst und auch spielst? Oder vielleicht etwas nähst? Baust, um es genau deinen und ihren Bedürfnissen anzupassen? Wenn du eine Vielfalt an Leckerli haben willst, kannst du sie dann nicht selbst backen und weißt dafür genau, was drin ist? Was ist mit den Hundedecken? Wenige farblich passende sind genug, über die anderen freuen sich Rabauken irgendwo anders weitaus mehr!

Die perfekt aufgeräumt und sortierte Wohnung haben wir deswegen natürlich nicht, aber das war auch nie das Ziel, schließlich ist sie unser Lebensmittelpunkt.

Stattdessen ging es mir um Leichtigkeit, den Blick fürs Wesentliche, Luft zum Atmen und ein Bewusstsein für mein Empfinden und die Dinge um mich herum. Um Wertschätzung, Reduktion auf die wirklich wichtigen Dinge in meinem Leben. Und um Zeit. Weniger Zeit für Putzen und Räumen, mehr Zeit für Spaß und Spiel.

Bin ich nicht zum Aufräumen gekommen verfalle ich direkt in alte Muster, fühle mich überlastet und überfordert. Deshalb zähle ich die Tage bis zur neu gewonnen Freizeit. Freue mich, mit der Teilzeit (ja, ich habe mich dafür entschieden!) dann auch Zeit zu haben, dem Haus neben dem notwendigsten Putz auch ein wenig Liebe zu schenken. Freue mich noch mehr, wenn die dann aus allen Ecken strahlt und uns zuhause noch ein wenig glücklicher macht.

Wie ist das bei euch? Befreit es euch, euch von Dingen zu trennen oder sammelt ihr lieber? Macht ihr einen Unterschied zwischen euren eigenen Dingen und denen eurer Hunde?

Lasst es euch gut gehen.

Sie

1 Reply to “Contagious clarity oder wie das Maß der Dinge immer mehr Freiheit schafft”

  1. Oh, die Entscheidung ist gefallen? Das freut mich sehr für dich! Ich wünsche dir einen wunderbaren Start in diesen neuen Lebensabschnitt – mit viel Zeit für alles was dir wichtig ist.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert