Anna Meißner hat zu ihrer ersten Blogparade aufgerufen. Der Hund als Berufung. Seitdem kreist das Thema in meinem Kopf.

Berufung. Was ist das überhaupt?

Dazu gibt es unterschiedliche Auslegungen. Die zum Thema Hund passendste ist sicherlich “eine innere Notwendigkeit, die jemand spürt und die ihn zum Handeln zwingt. Das Spüren eines inneren Rufes zu einer bestimmten Lebensaufgabe.”

Sofort muss ich an meine Berufsberatung denken. Da saß ich nun, kurz vor meinem Abitur, zusammen mit meiner Mama beim Herren Berufsberater, Typ “nicht meine Art Mensch”. Gelangweilt fragte er mich Dinge ab, die ihn und mich gleichermaßen nicht interessierten. Kurz schoss mir der Gedanke durch den Kopf, wie ausgerechnet er für mich herausfinden sollte, womit ich mein Leben lang Geld verdienen würde. Sah er mir nun nicht gerade aus, als strahlte das Glück über seine Lebensaufgabe nur so aus ihm. Er fragte mich, was ich werden wollte. Ich antwortete: Tierpfleger. “Dafür hast du kein Abitur gemacht.” Damit war das Thema vom Tisch. Keine Alternativen, Optionen, Kompromisslösungen.

Geworden bin ich etwas ganz anderes. Meine ursprünglich für sicher gehaltene Ausbildungsstelle in einer großen Druckerei (ihr wisst schon, “was mit Marketing”) ging an den Sohn des größten Kunden, so dass ich kurz vor Vertragsunterzeichnung und vor allem Ausbildungsbeginn ohne Stelle da stand. Wie es das Schicksal wollte, gab es doch noch eine Option für mich, die ich auch antrat. Versicherungskauffrau. Nichts Kreatives, nichts mit Marketing, nichts mit Tieren. Dafür mit Menschen. Ich lernte viele tolle Persönlichkeiten und eine für mich völlig neue Welt kennen. Überwand jegliche Schüchternheit und lernte, dass ich mit Menschen arbeiten konnte und wirklich wollte.

Dennoch – nach Ende der Ausbildung startete ich einen weiteren Versuch. Etwas anderes. Weit weg. Etwas mit Marketing. Oder mit Tieren. Anderen mit Hilfe von Tieren helfen. Tiergestützte Therapie. Das dazu erforderliche Studium schreckte mich ab, bevor ein wirklicher Plan in mir reifen konnte.

Trotz der vielen alternativen Ideen ging sich meine berufliche Laufbahn von alleine. Weit weg vom Beruf mit Hund, dennoch erfolgreich. Fasziniert ließ ich mich auf die Welt der Luftfahrt ein, auf die unterschiedlichsten Menschen und Kulturen und eine immer kleiner erscheinende Welt. Der Hund war immer da. Als Wegbegleiter, Entstresser, Mutmacher, Zuhause. Dann ergab sich weit weg plötzlich von alleine. Katar. Eine unglaubliche Chance und wundervolle Erfahrung. Dort kam ich auch mit dem Tierschutz in Berührung. Mit meinem heutigen Rabauken. Über ihn und seine Vorgeschichte zur Ausbildung zur Hundephysiotherapeutin. Und letztendlich auch zum Bloggen. Das aber erst viel später. Durch den Job im Ausland habe ich andere Kulturen, Sprachen und Länder kennengelernt, gelernt, mutig zu sein, zu hinterfragen. Habe nach etlichen Umwegen über Kulturwissenschaften und Recht endlich ein Studienfach in Ergänzung zu meinem Hauptjob gefunden, welches mich nachhaltig interessierte und das auch nebenbei studiert. Wäre das als Tierpfleger auch so gewesen?

Und die innere Stimme?

In Katar ließen sich Hund und Beruf gut vereinbaren. Kaum zurück in Deutschland merkte ich jedoch, dass ich müde geworden war vom ewigen Spagat zwischen unterwegs, Luftfahrt, Business und den Hunden. Es war, als schlügen zwei Herzen in meiner Brust. Aufgeben wollte ich nichts davon, etwas nagte jedoch in mir und immer wieder kam der Gedanke auf. dass Vollzeitjob und Rabauken auf Dauer nicht zusammen funktionieren. Zwar waren die Hunde gut unter, dennoch wollte ich doch mein Leben mit ihnen teilen und die wertvolle Zeit nicht anderen schenken.

SchnuppisImMohnHeader

Dann kam das Bloggen. Im Bloggen gehe ich auf. Ich liebe es, zu schreiben, liebe es, mit Bildern und Worten eine Atmosphäre zu kreieren und dadurch meine Emotionen zu transportieren. Genauso liebe ich es, auf den Punkt zu formulieren. Wortspiele und -klaubereien haben mir schon immer unglaublichen Spaß gemacht. Das wiederum prädestiniert mich für meinen “eigentlichen” Job, für mein “echtes Leben”, wie ich es spaßeshalber immer nenne. Am Bloggen liebe ich, dass ich mich nicht auf ein Thema beschränken muss. Dreht es sich in irgendeiner Art und Weise um den Hund, ist Platz dafür auf meiner Plattform. Ist bloggen meine Berufung? Das Schreiben? Oder vielleicht die Möglichkeit zur kreativen Entfaltung?

BloggenBehindTheScenes

Und was ist mit der Hundephysiotherapie? Natürlich erfreut es mich, wenn ich sehe, wie eine Behandlung meinem Patienten gut tut. Zuerst misstrauisch, lässt er sich nach und nach fallen und vertraut mir voll und ganz. Dennoch fehlt mir etwas. Das Brennen, die Begeisterung, das Gefühl, nur und ausschließlich dafür zu leben. Vielleicht war die Physioausbildung ein Einstieg. Einstieg ins Lernen über Gesundheit, den Körper, seine Funktionen, Stress und Entspannung und was dann passiert. Das ist es nämlich, für was ich brenne. Endlos könnte ich Seminare besuchen, meine Erkenntnisse, Gedanken und Theorien mit anderen ausdiskutieren, neu Gelerntes mit Altem verbinden, mich auf ganz Neues ein- und überraschen lassen, fasziniert staunend sinnieren über die endlosen Möglichkeiten.

Physio

Berufung gleich Beruf?

Mein Beruf macht mir Spaß. Es gibt gute Tage und weniger Gute, spannende Tätigkeiten und weniger spannende. Ich bin gerne im Büro und ich mag meine Kollegen und Kunden. Natürlich bin ich dort jedoch in einen Rahmen, Ablauf und eine gewisse Denke gezwungen, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen.

Denkkasten

Angenommen, ich fände einen Weg, der meine vielen inneren Stimmen – oder nennen wir es besser Interessen – rund um den Hund zum Beruf vereint: Schon ginge es mir hier genauso. Schon wäre ich gezwungen, meine Arbeit zu bepreisen, abzuliefern auch in Phasen, in denen ich unkreativ wäre, mich wirtschaftlich auszurichten, mit einem Auge immer auf der Suche nach dem nächsten großen Auftrag. Vielleicht ist das nur Klischee, hier ist jedoch die Angst zu groß, damit sämtliche Freiheit abzugeben. Zu wichtig ist sie mir, diese brennende Leidenschaft, schier endlose Optionen ohne Festlegung, endloser Raum, auzuprobieren und sich kreativ auszutoben ohne jegliche Grenze.

AllesSoVerkehrtHerumHier

Eine glückliche und freie innere Stimme, die mich voran treibt, die Begeisterung aufrecht erhält und mich glücklich macht. Ein Weg, der sich entfaltet, während er sich geht. Vielleicht ohne Ziel. Vielleicht ohne Plan. Und ohne Landkarte.

Dafür aber mit vielen wunderbaren kleinen Stationen, die die wahren Hauptdarsteller nicht aus den Augen verlieren: Meine Rabauken nämlich. Die mir Zeit geben, inne zu halten und den Moment mit ihnen bewusst zu erleben. Sie zu beobachten. Dadurch wieder neue Fragen zu haben, die mir auf der Seele brennen und nach Antwort schreien. Eine echte Berufung eben.

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Kommt die innere Stimme zu kurz, brüllt sie auf wie ein Löwe. Fordert Gerechtigkeit und Zeit für sie. Die habe ich mir vor Kurzem genommen. Die Hauptarbeitszeit reduziert. Auf Materielles verzichtet für mehr Leben im Hier und Jetzt, für mehr Zeit für Heute und die bewussten Momente und Raum für Kreativität. Mehr Zeit, auf mich zu achten und die gierige innere Stimme zu füttern.

Was daraus wird? Ich weiß es nicht. Noch nicht. Das macht aber auch nichts. Denn momentan bin ich zufrieden mit dem Luxus einiger Stunden mehr, genieße die Kombination aus Denkkasten und Kreativität, die neu gewonnene Freiheiten und den unbekannten Weg. Life’s a journey. Enjoy the ride!

Wie ist das bei euch? Habt ihr eure Berufung gefunden? Und was habt ihr daraus gemacht?

Lasst es euch gut gehen.

Sie

11 Replies to “Der Hund als Berufung oder Just because my path is different it doesn’t mean I’m lost”

  1. Oh Kerstin,
    ich sitze ich und hab Tränchen in den Augen. Ja, dein Artikel ist sicher anders als erwartet 😉 Aber er trifft es auf den Punkt. Geht es nicht darum, immer wieder hinzuspüren, wonach dein Herz ruft und dem nachzugehen? Du hast so ein buntes Leben und gestaltest es immer wieder neu. Das ist stark! Herzlichen Dank für deinen Beitrag zur Blogparade <3
    Alles Liebe
    Anna

    1. Liebe Anna
      vielen Dank für dieses tolle Thema. Ich lese auch die anderen Beiträge dazu mit Begeisterung, weil ich es immer sehr spannend finde, wie es anderen im Leben so ergeht. Ich bin großer Fan von Gängern mutiger Pfade und bunten Leben und empfinde gerade deshalb deine Parade als sehr große Bereicherung.
      Auch alles Liebe
      Kerstin

  2. Was für ein wundervoller Text, der mir genau aus der Seele spricht! Ich habe auch manchmal das Gefühl dieser beiden Herzen. Auf der einen Seite die Physik, wissen wollen, lernen, forschen. Auf der anderen Seite die Hunde, mit denen ich möglichst viel Zeit verbringen möchte, draußen sein, erleben. Wenn man mich als Kind gefragt hat, was ich später arbeiten möchte, war die Antwort immer “was mit Tieren”. Der Grund, warum es das doch nicht geworden ist, ist genau der, den du beschreibst: Der Druck, der dann dahinter stünde, der Verlust an Freiheit. Mit dem Schreiben das Gleiche. Es macht mir viel Freude, aber ich möchte nicht darauf angewiesen sein, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen… Also versuche ich noch, meine Berufung zu finden.
    Aber bevor ich dich jetzt zu sehr vollquatsche, schreibe ich vielleicht doch auch einen eigenen Beitrag zu diesem Thema. 🙂

    Liebe Grüße,
    Nora

  3. Ein wirklich schöner Beitrag … der sicher auch vielen aus der Seele spricht.
    Ich muss gestehen, bei mir sind die Hunde einfach Teil meines Lebens – nicht mehr und nicht weniger! Vielleicht liegt das daran, dass dieses Selbstverständnis sich in den letzten 25 Jahren so entwickelt hat … damals beschlossen wir unser Leben mit einem Hund zu teilen. Wie bei jedem Familienmitglied gab und gibt es Dinge, die wir ohne Hund tun, es gibt Dinge die wir nur mit Hund tun. Jeder hat seinen Freiraum und seine Ansprüche … und wir versuchen alle in einem vernünftigen Leben zu vereinen.
    Natürlich muss ich zugeben, es war lange Jahre Luxus die Hunde mit ins Büro nehmen zu können und ist jetzt noch größerer Luxus im Homeoffice mit den Beiden zu sitzen. Aber eine Arbeit rund um den Hund war bei mir nie ein Thema über das ich mir Gedanken gemacht habe – so wie ich mir nie Gedanken darüber machen würde etwas zu arbeiten, dass mit meinem Mann oder dem Rest der Familie mehr zu tun hat.
    Meine Arbeit macht mir viel Freude … und der Rest meines Lebens auch. Daher bin ich froh, dass alles so ist wie es ist – und dass jeder seinen Platz darin hat.

    Liebe Grüße,
    Isabella mit Cara und Shadow

    1. Liebe Isabella,
      das klingt wunderbar und nach einem perfekten Gleichgewicht aus allen Bestandteilen des Lebens. Genau das wünsche ich mir so auch – genug Platz für jeden und Zufriedenheit mit der Situation, wie sie ist. Die reduzierte Arbeitszeit ist noch recht frisch, aber es fühlt sich an, als sei dies genau das Schräubchen gewesen, an dem ich noch drehen musste.
      Alles Gute für euch und liebe Grüße
      Kerstin mit Buddy und Amber

  4. Hallo Kerstin,
    ich bin über Annas Blogparade auf deinen Blog gestoßen und hatte große Freude daran, deinen Artikel zu lesen. Es ist schön, dass du uns teilhaben lässt an deinem Weg und es ist für mich eine Bereicherung darüber zu lesen. Es geht nicht immer geradeaus. Manchmal sind es die Umwege, die einem zum Ziel führen und die das Leben lebenswert machen.

    Sei lieb gegrüßt!
    Anna

    1. Vielen Dank, Anna, für den lieben Kommentar! Ich schaue gleich auch einmal bei euch rein – schade, dass ihr so weit weg seid, habe schon beim ersten Blick etwas gefunden, das mich interessiert.
      Alles Liebe für euch!
      Kerstin

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