Ich hielt mich für ein Organisationstalent. Hunde, nebenberufliches Studium, zweite Ausbildung, Haushalt – je größer die Herausforderung, umso größer die Energie für noch mehr.

In letzter Zeit erwischte ich mich häufiger dabei, wie mir etwas durch rutschte. Ich den ein oder anderen Termin einfach vergaß und viel zu müde war für all das, was mir an Aufgaben noch so einfiel. Tausend durchgestylte To-Do-Listen – so sehr sie mich optisch auch ansprachen – machten es nicht besser. Mein Schatz an Ideen scheint nämlich schier unendlich und damit wachsen auch die Auflistungen ins Unermessliche. Sagen, was ich zu tun habe, lasse ich mir sowieso schon mal gar nicht – erst recht nicht von meiner eigenen Liste, daher beschäftige ich mich meistens mit ganz anderen Dingen, als die, dich ich mir vor wenigen Stunden noch selbst fein säuberlich notiert habe – ha! Ihr schreibt mir gar nichts vor!

Auf einmal ist nun Buddys Alter öfter Thema. Aufgerüttelt sind wir alle dadurch, wie schlecht es ihm im letzten Winter ging. Immer wieder erwische ich mich beim besorgten Seitenblick beim Spaziergang. Und der Rabauke? Tobt weiterhin fröhlich durch Fluss und hohes Gras am Ufer, ein Strahlen überm Labradorgesicht.

Auch die Prinzessin zeigt nun erste Anzeichen von “nicht mehr ganz so fit”. Ist sie bisher unaufhaltsam im Raketenmodus über die Wiesen geflitzt, quiekte sie in letzter Zeit das ein oder andere Mal auf und es zeigen sich erste Zipperlein.

Der Gedanke an “zu wenig Zeit” ist immer im Hinterkopf. Sprüche wie “für deinen Hund bist du sein ganzes Leben” lassen mich dann immer wieder hinterfragen, ob ich es richtig mache. Haben die beiden ein glückliches Leben bei mir?

Begleitet werden diese Gedanken meistens durch die obligatorischen Gedankenspiralen zur Auslastung und weiteren potentiellen Hundesportarten, resultierend in neuen Büchern und weiteren Punkten auf meiner To-Do-Liste. Stress pur.

Und für was? Hat mich die Planerei und Organisation weiter gebracht? Bin ich abends völlig entspannt über die Wiese geschwebt, glückliche Hunde im Schlepptau? Im Gegenteil: Schier unüberwindlich schien der Berg an eigenen To-Dos, schier endlos der Stress, die glücklichsten Hunde habe ich innerhalb weniger Minuten verwirrt und ratlos zurück gelassen.

Dann kam der Tag, an dem ich keine Lust mehr hatte auf mein unendliches To-Do. An dem ich beschloss, zu versuchen, fünfe gerade sein zu lassen. Realistisch werden wollte mit den Dingen, die ich an einem Tag überhaupt schaffen kann, ohne mich völlig fertig zu machen. Die Struktur dennoch nicht über Bord zu werfen.

Nach einem positiven Tierarzttermin mit Buddy gönnte ich mir eine Pause von der Physio nach striktem Trainingsplan. Es ist Sommer, wir sind viel draußen, er schwimmt und die Sonne – wenn sie denn mal scheint – tut ihm gut. Natürlich übertreiben wir es nicht und ganz abschalten kann ich den Gedanken an Muskelaufbau auch nicht, wenn er durch die Fluten flitzt, aber hey – wir machen, was wir möchten.

Physio

Auch die üblichen haushaltlichen Pflichten habe ich überdacht. Einen Anstoß haben mir die Artikel zu unserer Blogparade Putzalarm im Hundehaus gegeben. Reduce to the max – auch hier: Struktur behalten, aber übertreibe es nicht. Am meisten Erfolg habe ich mit dem Tipp, alles Genutzte auch gleich wieder weg zu räumen. Klingt simpel, erweist sich im Alltag bei uns jedoch dennoch als etwas schwierig. Und letztendlich haben die Blogger-Kollegen doch recht: wen stört schon das ein oder andere Hundehaar, wenn man mit seinen Rabauken die Zeit draußen genießt?

Der Morgenspaziergang muss nun nicht mehr ewig dauern. Eher gehen wir eine kürzere, entspannte Runde, die Zeit lässt zum Schnüffeln, Riechen, den Gedanken nachzugehen, anstelle im Stechschritt die mir selbst vorgegebene Zeit abzumarschieren – faszinierend, welch sinnlose Dinge man sich selbst aufzwingen kann.

Zusätzlich habe ich etwas ganz wichtiges realisiert – nur Zeit für die Rabauken macht auch nicht glücklich. Ausgelastete Sie macht glückliche Rabauken.

Schreianfall“Geheilt” vom Perfektionismus oder Stress bin ich deshalb natürlich noch lange nicht. Zu häufig falle ich zurück in alte Muster. Dann hat mich die Gedankenspirale wieder fest im Griff, die Listen werden wieder rausgekramt, die Bücherwunschliste länger. Der erste Schreianfall der Enttäuschung beim gewünscht entspannten und doch unerwartet stressigen Sonntagsspaziergang lässt nicht lange auf sich warten und dann nicht nur die Hunde, sondern auch eventuelle Begleiter und Mitspaziergänger verwirrt im Wald stehen.

Wie hilfreich (und mutig mitten im Schreianfall) ist es doch dann, von außerhalb einen kleinen Hinweis auf den bereits verführerischen lockenden Teufelskreis zu erhalten. Wie entspannend, sich eine Auszeit nehmen zu können und dann gemeinsam mit Freunden über das eigene Versagen zu lachen.

Relax

In diesem Sinne – ein Hoch auf Grillparties mit Freunden mit leckerem Essen, Getränken, Sonnenschein, Humor, Entspannung und anschließende glückliche Hundegesichter!

Lasst es euch gut gehen und öfter mal etwas liegen,

Sie

0 Replies to “Fünfe gerade oder Stress, Struktur und Schreianfälle”

  1. Tja, das kenne ich. Perfektionismus ist bei mir auch so ein Thema. Gut an der Uni sein, Nebenjob als Tutorin und Vollzeitjob als Frauchen. 😉 Und Mia wird dieses Jahr dreizehn und die Frage, wie viel gemeinsame Zeit uns noch bleibt, steht doch häufig im Raum. Aber du hast natürlich Recht: Sich Stress machen bringt gar nichts. Ich glaube, ich werde heute Abend die Lernerei sein lassen und einen Film schauen. Also danke für diesen Artikel. 🙂
    Liebe Grüße,
    Nora

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